Es gibt Orts-ATM und
Versandstellen-ATM. Orts-ATM stammen aus den Orts-Automaten (abgekürzt
OA), wie sie für die Postkunden auf der Straße oder in Postämtern
aufgestellt sind. Versandstellen-ATM hingegen stammen von den
Versandstellen (abgekürzt VS), die viele Postverwaltungen für
den organisierten Vertrieb von Briefmarken an Philatelisten
eingerichtet haben.
Der Vertrieb von Automatenmarken über die Versandstellen wurde
eingeführt, um Händler- und Sammlerbestellungen für
Automatenmarken gleich wie bei den traditionellen Bogenmarken
zentral beliefern zu können. Zur rationellen Herstellung der dafür
erforderlichen großen Mengen von ATM wurden in den
Versandstellen von Anfang an speziell programmierbare Geräte
eingesetzt, die meist mit einem besonders schnell arbeitenden
Druckwerk und ohne die üblichen Münzschlitze, Münzprüfer,
Kassenbehälter und ähnliche Vorrichtungen ausgerüstet waren.
Versandstellen-Printer, dargestellt auf 2 Maximumkarten zur 1. ATM-Ausgabe der österreischischen Post |
Schon nahezu alle ATM der ersten Phase, nämlich Schweiz A1-A4 von 1976, die ersten norwegischen ATM (1978) sowie die Ausgaben Belgiens, Brasiliens, Portugals und auch Deutschlands (1981) wurden parallel zu den Orts-Automaten auch über die jeweilige Versandstelle vertrieben. Heutzutage gibt es kaum ein Land, das seine ATM-Ausgaben nicht auch über die Versandstelle vermarktet. Das bedeutet, daß die weit überwiegende Zahl der bis heute weltweit erschienenen ATM-Ausgaben aus jeweils 2 verschiedenen "Produktionsstätten" vorliegt, den Ortsautomaten einerseits und den Versandstellen andererseits, kurz OA und VS.
Versandstellen und Orts-ATM oft mit Unterschieden
Was auf verschiedene Weise hergestellt wird, weist oft auch Unterschiede auf: Sei es, daß die ATM der Versandstellen bewußt anders gestaltet werden (z.B. Israel Orts-ATM mit, VS-ATM ohne Gerätenummer) oder daß unbewußt kleinere, für den Sammler aber deutlich feststellbare Abweichungen zu den Orts-ATM auftreten (z.B. Klischeeauffälligkeiten, Zifferntypen, Farb- und Papier-Unterschiede). Derartige Unterschiede kommen insbesondere bei ATM aus Frama-Automaten vor.
Orts-ATM | Versandstellen-ATM | |||
ISRAEL Klüssendorf-ATM mit eingedruckter Automaten- nummer links oben, Wertangabe mit Nullen |
ISRAEL Klüssendorf-ATM ohne Automatennummer Wertangabe mit Sternen |
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AUSTRALIEN Frama Sonder-ATM - Ausgabe "Downunder 95" Nennwert ohne Dezimalpunkt, Schriftzug AUSTRALIA zur unteren Hälfte fehlend |
AUSTRALIEN Frama Sonder-ATM - Ausgabe "Downunder 95" Nennwert mit Dezimalpunkt, Schriftzug AUSTRALIA fast vollständig sichtbar. |
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BELGIEN Frama-ATM 1981 Dezimalpunkt ausgefüllt, Abstand zwischen P und Automatennummer groß |
BELGIEN Frama-ATM 1981 Dezimalpunkt hohl, Abstand zwischen P und Automatennummer klein |
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BRASILIEN Frama-ATM 1981 Druckfarbe rotlila, beliebige Wertstufen |
BRASILIEN Frama-ATM 1981 Druckfarbe bräunlichrot, nur Wertstufen zu 1, 7 und 12 Cr$ |
Andererseits sind aber auch bei vielen ATM-Ausgaben keine
generellen Unterschiede zwischen den Orts- und Versandstellen-ATM
feststellbar. Dazu zählen z.B. auch die deutschen Klüssendorf-
Nagler- und N24-Nadeldruck-ATM. Einer ungestempelten
Bundesrepublik-ATM kann man nicht ansehen, ob sie aus einem der
zahlreichen Ortsautomaten oder von der Versandstelle kommt.
Anders sieht es unter Umständen bei Belegen zu bestimmten.
punktuellen Anlässen aus, z.B. der Inbetriebnahme des 1.
Schalter-Terminal-Systems am 7.10.1982 in Wiesbaden, als erstmals
auch aus Ortsgeräten ATM in den beliebigen Wertstufen von 5 Pfg.
bis 99,95 DM erhältlich waren. Ein FDC mit einer ATM in
Zifferntype II entpuppt sich hier jedoch schnell als mit
Versandstellen-ATM vorfabriziert (diese wurden schon zum 27.9.1982
ausgeliefert), da von den Ortsgeräten am Ersttag nachweislich
nur ATM in der Zifferntype I abgegeben wurden. Gleiches gilt für
alle Bund-ATM-Belege vom ersten Gültigkeitstag 2.1.1981. Diese
sind ausnahmslos mit Versandstellen-ATM frankiert, das erste
Ortsgerät wurde am 5.1.1981 in Darmstadt installiert, wer also
Orts-ATM sammelt, braucht letzteren FDC.
Ein weiteres Beispiel aus Südafrika: In diesem Land waren von
1986 bis 1994 bis zu 34 Frama-Automaten aufgestellt, deren
Klischees mit Nummern von P.001 bis P.034 durchnumeriert waren.
Diese ATM-Serie mit 34 Nummern war auch zentral über die
Versandtelle in Pretoria erhältlich, wobei bei einzelnen ATM zunächst
keine eindeutigen Unterschiede zwischen den vor Ort gezogenen und
den in der Versandstelle produzierten ATM festgestellt wurden.
Vergleicht man jedoch die ganzen Serien von 34 Orts- und 34
Versandstellen-ATM miteinander, wird der Unterschied
augenscheinlich: jede Orts-ATM hat naturgemäß ein eigenes
individuelles Druckbild (kleine Klischeeauffälligkeiten,
Farbband-Tönung, -Raster und -Intensität) während die
Versandstellen-ATM die alle in einem Arbeitsgang vom gleichen Gerät
mit gleichem Klischee (bei dem nur die Geräte-Nr. ausgewechselt
wurde) hergestellt wurden, alle gleich aussehen.
Südafrika
VS-ATM P.018 bis P.021. Das identische Druckbild erklärt
sich aus dem Einsatz des gleichen Schnellprinters. |
Südafrika
OA-ATM P.018 bis P.021. Leicht abweichende Druckbilder
erklären sich durch den Druck in verschiedenen
Ortsautomaten. |
Automaten-Quittungen als Nachweis
ATM-Sammler werden oft belächelt,
wenn sie Quittungen zu den Marken sammeln. Diese gerätespezifischen
Automaten- Quittungen (abgekürzt AQ) sind jedoch oft der
Nachweis, daß eine Marke tatsächlich aus dem Ortsautomaten
gezogen wurde und nicht etwa von der Versandstelle stammt.
Eine besondere Bedeutung kommt diesen Quittungen bei Ersttagen zu,
in deren Verlauf - rein vom Zeitaufwand her - nur eine begrenzte
Anzahl ATM mit zugehörigen Quittungen aus dem Ortsgerät gezogen
werden kann. So gibt es beispielsweise aus den 3 einzigen Klüssendorf-Münzwertzeichendruckern,
die am Ersttag der Berliner Automatenmarken am 4.5.1987 in
Betrieb waren, nur jeweils rund 1000-1500 ATM mit Ersttags-Quittungen,
meist auf Belegen. Die Zahl der mit Versandstellen-ATM vor- und
nachgefertigten Ersttagsbelege geht hingegen in die
hunderttausende.
Berliner ATM-FDC vom 4.5.1987 mit
am Ersttag aus Münz-Wertzeichendrucker am Postamt Berlin 44
gezogener ATM und zugehöriger Automaten-Quittung.
Unterschiede auch bei Stempeln
In der Regel produziert und vertreibt die Versandstelle nicht nur postfrische ATM, sondern auch Belege, vorzugsweise FDC's oder lose gestempelte ATM. Hierfür werden wiederum spezielle Stempel angefertigt, Sonderstempel oder aber auch solche, die den an den jeweiligen Standort-Postämtern geführten Tages-Stempeln mehr oder weniger gut nachempfunden sind. In solchen Fällen gibt es also nicht nur VS- und Orts-ATM, sondern auch noch VS- und Orts-Stempel zu unterscheiden.
Südafrika VS-Stempel Strijdomplein | Südafrika Stempel des örtlichen Postamtes Strijdomplein |
FDC's und andere Ersttags-Dokumentationen werden von den Versandstellen oft monatelang nachproduziert, was bedeutet, daß die Abstempelung in den seltensten Fällen tatsächlich am Ersttag erfolgt ist. Belege von den Ortsautomaten mit Tagesstempeln (die normalerweise nicht rückdatiert werden) und ggf. zugehörigen Automaten-Quittungen sind eine zuverlässigere Ersttags-Dokumentation.
Versandstellen-Service manchmal unvollständig
Abgesehen davon, daß es in
einigen wenigen Ländern (z.B. Frankreich, Mexiko, Tunesien) überhaupt
keinen Versandtellen- Service für ATM-Sammler gibt, kann man
sich auch bei den übrigen Postverwaltungen nicht immer auf die
komplette Lieferung aller Ausgaben verlassen. So hat die
finnische Versandstelle 1991 die erste Dassault-ATM-Ausgabe (Mi.-Nr.
10) mit nur 2 der 6 verschiedenen am Ortsgerät erhältlichen
Sendungsart-Zudrucke ausgeliefert. Unter den 4 nicht gelieferten
Zudrucken befinden sich einige der heute wertvollsten ATM
Finnlands.
Von den Versandstellen angebotene ATM-Sätze weichen in einer
Reihe von Fällen von den an den Ortsgeräten tatsächlich
programmierten Automaten-Sätzen ab. Auch dadurch, daß die
meisten Vordruckalben-Hersteller sowie einige Katalog-Herausgeber
sich sich an diesen VS-Vorgaben orientieren, ändert sich nichts
an der Tatsache, daß es eigentlich die falschen Sätze sind.
Finnland-Dassault-ATM mit Zudrucken, die von der Versandstelle nicht geliefert und somit von vielen Sammlern verpaßt wurden. Dieses ATM mit den Mi.Nr. 10.1 Z2, Z5, Z6, und Z7 haben heute einen Katalogwert von zusammen 890,- DM. Am OA konnten diese Marken monatelang frei gezogen werden, was aber nur wenige Sammler taten, bis überraschend ein neues Papier und ein neues Druckbild eingeführt wurde. |
Konsequenzen für den Sammler
Welche der beiden Produktionsarten,
Orts-ATM oder VS-ATM in die Sammlung aufgenommen werden, muß
jeder Sammler für sich selbst entscheiden. Ich persönlich
bevorzuge die Orts-ATM, da diese dem ürsprünglichen Zweck der
Einführung der Automatenmarken, entsprechen, während die
Versandstellen-ATM bloß das Ergebnis der philatelistischen
Vermarktung derselben sind. Trotzdem enthält meine Sammlung auch
Versandstellen-ATM, sowohl der Vollständigkeit halber und um die
teilweise auch katalogmäßig erfaßten Unterschiede zu den Orts-ATM
aufzuzeigen, als auch als Vergleichsmaterial.
Die meisten Briefmarkenhändler, vom Ladengeschäft bis zum großen
Versandhandel, liefern, sofern überhaupt ATM angeboten werden,
meistens Versandstellen-Ware. Gleiches gilt für ATM, die im
Rahmen von normalen Länder-Abonnements verkauft werden, sei es
direkt von der Post oder über den Briefmarkenhandel. Die
individuelle Besorgung von Orts-ATM wäre dafür viel zu
aufwendig bzw. zu teuer. Spezialisierte ATM-Fachhändler bieten
ihren Kunden meist beide Varianten, VS und OA an, zumindest bei
den Ausgaben, wo eine klare Unterscheidung möglich ist. Die
Ausgaben aus den Orts-Automaten sind in der Regel jedoch deutlich
teurer, da die Beschaffung wesentlich aufwendiger ist (Reisekosten,
Unterkunft, Personal, Anstehen bei evtl. begrenztem Zugang zu den
Geräten, einzelnes Ziehen jeder ATM, eigenes Anfertigen der
Belege, evtl. Geräteausfälle, Verluste und Beschädigung von
Belegen auf dem Postweg). Bei einigen von Sammlern seinerzeit
wenig beachteten älteren Ausgaben können die Preise für Marken
aus den Ortsautomaten gar um ein Vielfaches höher liegen als für
das entsprechende VS-Material. Das gilt zum Beispiel für die ATM-Ausgaben
Brasiliens von 1981 (Mi.-Nr. 2 und 3), bei denen über 95 % der
ohnehin nicht sehr großen Bestände auf dem Markt von der
Versandstelle und maximal 5 % aus den 20 verschiedenen
Ortsautomaten stammen. Die wenigen bekannten Orts-ATM Brasiliens
dieser Ausgabe sind größtenteils 2 Spezialsammlern zu verdanken,
die eine insgesamt rund 200 Belege umfassende Korrespondenz geführt
haben. Bedarfsbriefe existieren nur in ganz wenigen Einzelstücken,
von einigen Automaten (AG 00007 und AG 00010) sind bis heute überhaupt
keine Orts-ATM bekannt.
Brasilien Orts-ATM VA.00003 auf Beleg aus der Korrespondenz Wolfdietrich Wickert / Hans Lehmann. |
Es ist anzunehmen, daß viele Briefmarkensammler sich bisher wenig Gedanken über die Herkunft ihrer gesammelten ATM gemacht haben und manchen wird dies auch nach dem Lesen dieses Artikels noch gleichgültig sein. Bei einigen postfrischen Ausgaben ist ja auch kaum eine Unterscheidung möglich. Auf der anderen Seite werden aber sicher auch einige Sammler erkannt haben, daß in einer wirklich anspruchsvollen Briefmarken-Sammlung vorrangig authentische ATM und ATM-Belege von den Orts-Automaten enthalten sein sollten, auch wenn dies eine Herausforderung bedeutet, die nicht unterschätzt werden sollte. Bei einigen, auch aktuellen Gebieten sind Orts-ATM wirklich schwer beschaffbar und kaum auf dem Markt angeboten. Hier müssen sich die Sammler bisweilen in Geduld üben oder viel Eigeninitiative zur Beschaffung aufbringen, z.B. über Freunde oder sonstige Kontaktpersonen in den betreffenden Ländern. Aber ist es nicht gerade das, was den besonderen Reiz des Sammelns ausmacht, jenseits vom Abstecken Versandtellen-abonnierter Neuheitenware ?
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